Und die Stiftungsrechtsreform…?
Der Regierungsentwurf zur Reform des Stiftungsrechts liegt vor. Was ist geworden aus den Forderungen der Stiftungslandschaft zu mehr Flexibilität, zum Umgang mit Umschichtungsgewinnen oder Erhalt des Grundstocks? Und wie geht es weiter?
Stiftungs-News März 2021 – Newsletter abonnieren
Der Entwurf der Bundesregierung
Am 03. Februar 2021 hat die Bundesregierung den Entwurf eines „Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts“ beschlossen. Ziel ist es, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode mit Wirkung zum 01.07.2022 zu verabschieden.
Die Reform wurde durch Wissenschaft, Verbände und Praxis in dem jahrelang andauernden Reformprozess mitunter stark kontrovers diskutiert, da die Gesetzesänderungen weitreichende Änderungen für bestehende und künftige Stiftungen mit sich bringen.
Hintergrund
Das Stiftungsrecht findet sich in Bundes- und Landesgesetzen wieder. Ziel der Reform ist es, das Stiftungszivilrecht bundesrechtlich einheitlich und abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch zu regeln. Den Auftakt zur Reform bildete ein Diskussionsentwurf der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Stiftungsrecht“ vom Februar 2018, der durch einen Referentenentwurf (RefE) im September 2020 ergänzt wurde. Wissenschaft und Praxis reagierten kritisch auf den Referentenentwurf, der jetzt vorgelegte Regierungsentwurf (RegE) geht teilweise auf die Forderungen der Kritiker ein.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick
Einführung eines Stiftungsregisters
Eine der größten Änderungen ist die Einführung eines zentralen Stiftungsregisters zum 01.01.2026, welches vom Bundesministerium für Justiz geführt wird. Die Einführung sowie die eintragungspflichtigen Angaben werden im sogenannten Stiftungsregister (StiftRG) geregelt. Nach dem Gesetzesentwurf zum Stiftungsregistergesetz werden eingetragene Stiftungen einen Namenszusatz erhalten – e. S. für eingetragene Stiftung und e. VS. für die eingetragene Verbrauchsstiftung. Im Rechtsverkehr sind Stiftungen bürgerlichen Rechts von Treuhandstiftungen oder Stiftungskörperschaften bisher kaum zu unterscheiden.
Die Einsichtnahme in das Stiftungsregister soll jedermann gestattet werden. Dokumente, bei denen ein berechtigtes Interesse der Stiftung oder Dritter besteht, sollen ausgeschlossen werden.
Ursprünglich sollte die Einführung eines Stiftungsregisters auch zu einer Entlastung der Stiftung beim Transparenzregister führen. Durch eine anstehende Gesetzesänderung des Geldwäschegesetzes (Referentenentwurf vom 23.12.2020) soll das Transparenzregister jedoch vom sog. Auffangregister zum Vollregister werden. Demnach entfällt dem Entwurf gemäß die Mitteilungsfiktion, wie sie derzeit noch in § 20 Abs. 2 GwG geregelt ist. Die Mitteilungsfiktion sieht aktuell noch vor, dass die Mitteilung an das Transparenzregister erfüllt ist, sofern die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten bereits in einem Register abrufbar sind.
Stifterwille
Als oberste Richtlinie jeden Handelns für eine Stiftung gilt der Stifterwille. Nach dem Regierungsentwurf kann neben dem ausdrücklichen Stifterwillen auch hilfsweise der mutmaßliche Stifterwille herangezogen werden, sofern der tatsächliche Stifterwille nicht mehr ermittelt werden kann. Der mutmaßliche Stifterwille ist der „Wille, der dem Interesse der Stiftung entspricht“.
Governance & Organhaftung
Bisher wurde die Haftung bei Stiftungsorganen über einen Verweis in das Vereinsrecht geregelt. Der Referentenentwurf sah einen eigenständigen Haftungsanspruch für eine Binnenhaftung der Organmitglieder gegenüber der Stiftung vor. Hiervon weicht der Regierungsentwurf ab und regelt in den §§84 ff. BGB-RegE die Haftung des Stiftungsvorstands, die Einrichtung weiterer Organe, die Beschlussfassung und den Umgang bei Fehlen eines Stiftungsorgans.
Bei einer Pflichtverletzung können sich Stiftungsorgane dem Entwurf nach auf die sog. Business Judgement Rule, welche dem Aktienrecht entlehnt ist, stützen. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Mitglied des Organs bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. Die Haftung der Organmitglieder gegenüber der Stiftung aus dem Bestellungsverhältnis kann nur durch den Stifter in der Errichtungssatzung beschränkt werden. Nach dem anwendbaren Auftragsrecht haften die Organmitglieder für jede schuldhafte Pflichtverletzung.
Satzungsänderungen
Die Regelungen im Regierungsentwurf geht weiter von der Idee einer „Errichtungsatzung“ aus. Die Voraussetzungen für Satzungsänderungen durch die Stiftungsorgane sind künftig in § 85 BGB-RegE geregelt. Grundsätzlich gilt: Je umfangreicher eine Satzungsänderung in die Identität der Stiftung eingreift und damit eine Veränderung der Stiftung bedeutet, desto strenger sind die Voraussetzungen für die Satzungsänderungen.
Nach § 85 Absatz 1 und 2 BGB-RegE sind auch Änderungen des in der Satzung festgelegten Zwecks unter strengen Voraussetzungen möglich: In Betracht kommen hier Zweckänderungen wegen einer Unmöglichkeit der dauernden und nachhaltigen Zweckerfüllung oder der Gefährdung des Gemeinwohls. Bei Zweckänderung wegen einer Unmöglichkeit soll entfallen, dass die Unmöglichkeit „endgültig“ sein muss.
Daneben können der Stiftungszweck und andere prägende Bestimmungen der Satzung geändert werden, „wenn sich die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert haben und eine solche Änderung erforderlich ist, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen“.
Neben dem Stiftungszweck gehören lt. Gesetzesentwurf regelmäßig zu den prägenden Bestimmungen der Name, der Sitz, die Art und Weise der Zweckerfüllung und die Verwaltung des Grundstockvermögens. Die Begründung des Entwurfs sieht daneben auch die Zusammensetzung und Aufgabenverteilung zwischen den Organen sowie die Bestimmung, ob eine Stiftung gemeinnützig oder kirchlich sein soll, als prägend vor. Für Verbrauchsstiftungen gilt nach der Begründung des Regierungsentwurfs die Festlegung der Zeit, für die die Stiftung errichtet wird und die Bestimmungen zur Verwendung des Stiftungsvermögens als prägend.
Andere Satzungsänderungen, die nicht als prägend gelten, sollen bereits zulässig sein, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient.
Die Regelungen zum Satzungszweck und den prägenden Bestimmungen sind für den Stifter dispositiv, so kann er in der Stiftungssatzung Änderungen zu diesen beschränken oder ausschließen. Alternativ kann er auch Satzungsänderungen durch Organe der Stiftung in der Errichtungssatzung zulassen. Diese sind aber nur wirksam, wenn der Stifter Inhalt und Ausmaß der Änderungsermächtigung hinreichend bestimmt festlegt. Auch die Haftung für Pflichtverletzungen der Stiftungsorgane kann nur in der Errichtungssatzung vom Stifter beschränkt werden.
Die Satzung kann durch den Vorstand oder ein anderes durch die Satzung dazu bestimmtes Stiftungsorgan geändert werden. Die Satzungsänderung bedarf der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde und wird künftig auch beim Stiftungsregister angemeldet werden.
Vermögensaufbau und Umschichtungsgewinne
Der Regierungsentwurf sieht auch grundlegende Regelungen zum Stiftungsvermögen und der Zusammensetzung des Vermögens vor. Bei einer Stiftung, die auf unbestimmte Zeit errichtet wurde, besteht das Stiftungsvermögen aus dem Grundstockvermögen und ihrem sonstigen Vermögen. Bei einer Verbrauchsstiftung besteht das Stiftungsvermögen aufgrund der Satzung nur aus sonstigem Vermögen.
Hinsichtlich des Erhalts des Grundstockvermögens konkretisiert der Gesetzesentwurf nicht, ob dies nach dem Nominal- oder Realwert zu erhalten sei.
Auch Umschichtungsgewinne sollen zum Grundstockvermögen gehören, es sei denn, die Stiftungssatzung sieht etwas anderes vor. Demnach können Umschichtungsgewinne, sofern dies satzungsgemäß vorgesehen ist, auch weiterhin zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden.
Auflösungen
Unter welchen Regelungen Stiftungsorgane die Auflösung einer Stiftung beschließen können, ist ebenfalls im Regierungsentwurf geregelt. Demnach kann ein Vorstand eine Stiftung auflösen, wenn die dauernde und nachhaltige Erfüllung ihres Zwecks endgültig unmöglich ist. Der Gesetzesentwurf definiert die Unmöglichkeit und stellt klar, dass die Auflösung gegenüber der Zweckänderung nachrangig ist: Nach § 87 Abs. 1 BGB-RegE liegt eine endgültige Unmöglichkeit nicht vor, wenn die Stiftung durch eine Satzungsänderung so umgestaltet werden kann, dass sie ihren Zweck wieder dauernd und nachhaltig erfüllen kann.
Verbrauchsstiftungen
Gemäß Regierungsentwurf müssen Verbrauchsstiftungen für eine bestimmte „Zeit“ von mindestens zehn Jahren errichtet werden. Der Referentenentwurf hatte von einem bestimmten „Zeitraum“ von mindestens zehn Jahren gesprochen. Hinter der Änderung steht die Bereitschaft zur Anerkennung von Stiftungen, deren Ende an ein bestimmtes Ereignis geknüpft ist (z. B. den Tod einer Person).
Auch ermöglicht der Regierungsentwurf mit § 83b Abs. 3 BGB-RegE, dass sog. Hybridstiftungen, bei denen ein Teil des Vermögens verbraucht werden darf, zulässig sind, sofern der Stifter in der Errichtungssatzung einen Teil des „gewidmeten Vermögens“ zu „sonstigem Vermögen“ bestimmt. Nicht geregelt sind aber die Zulässigkeit von nachträglich verbrauchbaren Zustiftungen in diesem Fall.
Einfache Schriftform bei Errichtung
Im Gesetzesentwurf stellt die Bundesregierung klar, dass es lediglich der schriftlichen Form zur Errichtung einer Stiftung unter Lebenden bedarf, sofern nicht in anderen Vorschriften ausdrücklich eine strengere Form vorgeschrieben ist. Dies soll die Rechtsunsicherheit beseitigen, die bspw. die Entscheidung des OLG Köln vom 05.08.2019 zur notariellen Beurkundung einer Stiftungsgründung mit Einbringung eines Grundstücks mit sich brachte.
Handlungsbedarf prüfen
Die Auswirkungen der Stiftungsrechtsreform stellen Stifter vor große Herausforderungen. Die Regelungen sollen zum 01.07.2022 in Kraft treten. Das Stiftungsregister soll zum 01.01.2026 eingeführt werden. Bis dann soll Stiftungen ausreichend Zeit bleiben, ihre Satzungen zu aktualisieren, sowie die Länder Zeit erhalten, um ihre Stiftungsgesetze anzupassen.
Stiftungen sollten ihre Satzungen von Experten im Stiftungsrecht prüfen lassen, um sich frühzeitig auf etwaige Anpassungen vorzubereiten. Bisherige Satzungsänderungen bleiben auch bei Inkrafttreten des neuen Rechts wirksam. Potenzielle Stifter sollten abwägen, ob eine Stiftungsgründung unter altem Recht vorgezogen werden sollte.
Lesen Sie auch die Stellungnahmen des Bundesverbands Deutscher Stiftungen zur Stiftungsreform.
Foto: p365.de, stock.adobe.com
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