Stille Helden
Ein Gespräch mit Nicole Wittmann, Initiatorin und Vorstandsvorsitzende der Jackl Stiftung, über Menschen, die im Stillen Großes leisten.
Es ist fünf Uhr morgens in Oberbayern. Während die meisten noch schlafen, steht ein Mann auf, um verletzte Vögel zu füttern. Für Nicole Wittmann sind genau solche Menschen und ihr Engagement für die Natur der Grund, warum sie die Jackl Stiftung gegründet hat – eine Treuhandstiftung unter dem Dach der Stiftung Stifter für Stifter, verwaltet und begleitet vom Haus des Stiftens.
Haus des Stiftens: Frau Wittmann, wie würden Sie die Idee hinter Ihrer Stiftung in einem Satz beschreiben?
Nicole Wittmann: Wir fördern Menschen mit Herz und Tatkraft – jene seltenen Helfer, die für Tiere und Natur anpacken, Missstände bekämpfen und dennoch meist im Hintergrund wirken.
Was macht diese Helfer:innen so besonders?
Sie sind eine seltene Spezies: empfindsam genug für Mitgefühl, hart genug, um wirklich etwas zu unternehmen. Viele von ihnen arbeiten unermüdlich – manche sogar Tag und Nacht. Das sind Menschen, die sich früh aus dem Bett schälen, um Vögel, Igel, Eichkätzchen, Störche zu füttern und zu pflegen. Oder Rehkitze mit der Flasche aufziehen. Oder die tagelang versuchen, einen Stier einzufangen, der aus dem Schlachthof geflohen ist, und ihm ein neues Leben auf dem Erdlingshof zu schenken. Diese Mischung aus Herzblut und Durchhaltevermögen beeindruckt mich immer wieder.
Gab es Projekte, die Ihnen besonders ans Herz gewachsen sind?
Ja, eines davon ist der Vogelnotruf in Olching bei München. Gründer Gerhard Wendl kümmert sich dort um verletzte Vögel – ein Ort voller Wissen, Ruhe und Fürsorge. Solche Refugien sind unersetzlich.
Anfangs habe ich Organisationen gefördert, die ich bereits kannte. Inzwischen lerne ich durch die Stiftung viele neue Projekte kennen.
Wann hatten Sie das Gefühl: Jetzt bewirken wir wirklich etwas?
Immer dann, wenn ich Rückmeldungen bekomme. Wir vergeben keine riesigen Summen, aber sie kommen an. Im AlmaGea Sanctuary in Sizilien etwa betreibt ein junges Paar einen Rückzugsraum für Tiere in Not. Wir haben das Dach für ein Katzenhaus finanziert. Als es fertig war, bekam ich Fotos – die Katze saß schon neugierig darunter. Solche Momente sind für mich unbezahlbar.
Was wollen Sie in den nächsten Jahren erreichen?
Wir wollen mehr Bewusstsein schaffen für die Tierwelt und die Natur – und zeigen, dass jeder einen Beitrag leisten kann: durch Anpacken oder Spenden.
Was war in den ersten Jahren die größte Herausforderung?
Die Namensfindung. Zunächst hieß die Stiftung Hans Dieter Jakob Stiftung, nach meinem Vater. Die Wohnung, die ich von ihm geerbt habe, bildet das Stiftungskapital. Nach der Gründung erfuhren wir, dass der Name bereits vergeben war – und mussten umbenennen. Das war nervenaufreibend, aber am Ende ein Glücksfall: Wir nahmen seinen Spitznamen, und so wurde es die Jackl Stiftung. Der Name passt perfekt. Und im Laufe der Umbenennung haben wir noch einmal gemerkt, wie angenehm die Zusammenarbeit mit dem Haus des Stiftens ist.
Woher kommt Ihre persönliche Motivation?
Ich wollte schon immer etwas für die Natur tun. Meine Familie mütterlicherseits war sehr aktiv im Tierschutz. Ihr Einsatz war immer präsent, es gab immer etwas zu tun. Das prägt. Mit der Stiftung habe ich eine gute Lösung gefunden, die zeitlich machbar ist, um mich neben meinem Hauptjob zu engagieren. Und wenn ich später mehr Zeit habe, kann ich noch aktiver werden.
Wie gewinnen Sie Unterstützer:innen für Ihre Arbeit?
Man muss für ein Thema brennen, dann findet man die richtigen Mitstreiter. Von Anfang an habe ich Unterstützung im Freundes- und Bekanntenkreis gesucht und gefunden: Eine Jugendfreundin ist neben mir im Vorstand, zwei Freunde bauten die Website und erstellten die Texte, ein Fotograf stellte Bilder bereit, im Hintergrund helfen weitere. Mein Freundes- und Bekanntenkreis ist voller Menschen, die sich für Natur und Umwelt begeistern – das ist ein großer Vorteil.
Welchen Rat geben Sie Menschen, die eine Stiftung gründen wollen?
Nicht übereilt handeln. Sich Zeit nehmen und genau überlegen, was man erreichen will. Und sich gut beraten lassen. Eine Treuhandstiftung ist ein guter Einstieg, um Erfahrung zu sammeln und sich in die Stiftungsarbeit hineinzufinden. Später kann man sie immer noch in eine rechtsfähige Stiftung umwandeln.
Wie sind Sie auf das Haus des Stiftens gekommen?
Ich habe mit mehreren Anbietern gesprochen. Beim Haus des Stiftens hat sofort die Chemie gestimmt – unkompliziert, zugewandt, weniger formal als andere. Heute ist es für mich ein verlässlicher Partner, der berät und Rückhalt gibt. Das Haus denkt an alles, was bedacht werden muss, und steht jederzeit für Fragen bereit. Einmal hatte ich wegen einer Sonderumlage wenig Fördermittel. Dank der Beratung konnte ich Verbrauchsvermögen nutzen und dennoch Projekte unterstützen. Ich will nicht nur eine Stiftung „haben“, sondern wirklich etwas bewegen – das schätzt man dort.
30 Jahre Haus des Stiftens – was wünschen Sie uns?
Bleiben Sie bodenständig, unterstützen Sie weiterhin die kleinen Organisationen und finden Sie für jede Stifterin, für jeden Stifter den passenden Weg.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Friederike Kundrus.
Fotos: privat
Links zu den genannten Projekten
Erdlingshof
Vogelnotruf in Olching
AlmaGea Sanctuary in Sizilien

Stifterin Nicole Wittmann (Mitte) besucht den Erdlingshof

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