Ethisch-nachhaltige Vermögensanlage
Macht eine ethisch-nachhaltige Vermögensanlage für Stiftungen wirklich Sinn?
Fachbeitrag von Philipp Hof, September 2018
Wenn man sich dem Thema der ethisch-nachhaltigen Vermögensanlage nähert, geht es einem leicht wie im Supermarkt: Fast überall steht Bio drauf, aber wo ist wirklich Bio drin? Ohne sich mit dem Thema zu beschäftigen, ist es schier unmöglich, zwischen den wirklich biologischen Angeboten und den Marketingfloskeln zu unterscheiden. Ähnlich ist es im Anlagebereich. Wie kann ich als Laie den Unterschied zwischen nachhaltigem Investment, ethisch-nachhaltigem Investment, Mission Investment und Impact Investment begreifen? Schon die Konzepte zu verstehen, gelingt den wenigsten Stiftungsvorständen.
Genau hinsehen
Noch komplizierter wird das Thema, wenn man ins Detail geht. So gibt es beispielsweise den Best-in-Class-Ansatz. Man kann in jeder Branche investieren, kauft aber beispielsweise nur die besten 30 Prozent der möglichen Unternehmen. Das klingt zunächst sinnvoll. Aber: Viele Unternehmen in Schwellenländern haben geringe Umweltstandards. Sind diese in der Grundgesamtheit dabei, dann sind auch unter den besten 30 Prozent noch viele, die man aus Umweltgesichtspunkten besser nicht kaufen sollte. Oder nehmen wir das Thema Korruption: Bei welcher Art oder Anzahl an Korruptionsfällen setzt man ein Unternehmen auf die schwarze Liste? Die Komplexität des Themas wird zunehmend in der Fachpresse thematisiert (z.B. dieser Beitrag im Private Banking Magazin). Zur Klärung haben die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland sehr gute Richtlinien und Ratgeber für ethisch-nachhaltige Anlage entwickelt.
Wertentwicklung vs. nachhaltiges Investieren
Die zweite große Herausforderung ist das Spannungsfeld zwischen der Wertentwicklung eines Stiftungsportfolios und nachhaltigem Investieren. Als Stiftung will man ja genügend Ertrag für seinen gemeinnützigen Zweck erhalten. Bei dem aktuellen Zinsumfeld ist das schon eine große Herausforderung. Grundsätzlich gilt: Je strenger die Nachhaltigkeitskriterien sind, desto kleiner die Anzahl an Unternehmen oder Ländern, in die ein Vermögensverwalter investieren kann. Für eine gute Balance sollen unabhängige Research-Häuser sorgen, zum Beispiel ISS OEKOM oder MSCI. Manche Finanzunternehmen haben sogar im Haus Expertenteams für Nachhaltigkeit aufgebaut, die eine entsprechende Unternehmensbewertung vornehmen können. Diese Finanzexperten leisten großartige Arbeit, und der gesamte Sektor nachhaltigen Investments wächst stark.
Sinnvoll investieren
Heißt dies, ethisch-nachhaltige Investments machen immer Sinn? Aus unserer Sicht nicht, weil die Definitionen nach wie vor schwammig sind und sich die Motivationslagen insbesondere der Research-Häuser stark unterscheiden können. Mittlerweile ist der Markt der nachhaltigen Investments so groß und attraktiv geworden, dass viele Research-Häuser in den letzten Jahren von amerikanischen Finanzinvestoren gekauft wurden. Sind sie jetzt noch unabhängig? Ihre Kunden sind Vermögensverwalter, die interessiert sind, in möglichst viele Unternehmen investieren zu können. Damit steigt das Risiko, dass die Research-Häuser den Begriff Nachhaltigkeit in Zukunft eher weit auslegen.
Um sinnvoll zu investieren, sollten Stiftungen entsprechend prüfen, ob bei einem Fonds nur „nachhaltig“ darauf steht oder auch Nachhaltigkeit drin ist. Ähnlich wie bei den Bio-Produkten. Vor diesem Hintergrund hat das Haus des Stiftens im Sommer 2018 eine auf nachhaltiges Investieren spezialisierte österreichische Beratungsfirma beauftragt, für die Vermögenspooling-Fonds 1 und 2 eigene transparente Kriterien für ethisch-nachhaltiges Investment zu definieren, die auf den fundierten Empfehlungen der Kirchen basieren. Außerdem ist diese unabhängige Firma beauftragt worden, jedes Jahr die Einhaltung zu kontrollieren. Auf der Basis dieses Gutachtens ist es für die ehrenamtlichen Anlagebeiräte einfach, die Ampel beim Thema „ethisch-nachhaltig“ auf Grün, Gelb oder Rot zu stellen.
Resümee
Ethisch-nachhaltige Investments haben über die letzten Jahre gezeigt, dass sie bei der Wertentwicklung mit klassischen Investments mithalten können. Damit diese Form der Anlage allerdings Sinn macht, müssen Stiftungen sicherstellen, dass „ethisch-nachhaltig“ nicht nur auf ihrem Investment-Fonds draufsteht, sondern auch drin ist.
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